Ein Matchwochenende aus der Sicht des Ersatz Kapitäns...
Samstag 12. Oktober.
Wie vor jedem größeren Match bekomme ich von unserem Schriftführer die Aufforderung zum Pre-Match-Briefing im Wiener Haas Haus. Widerwillig trete ich meine Pflicht an und fahre noch am selben Tag nach scheiß Wien, zum scheiß Haas Haus. Zumindest bekomme ich das vereinbarte Kilometergeld plus Diäten zu 750 EUR.
Nun gut. Endlich im Haas Haus angelangt.
Zu meiner Überraschung treffe ich diesmal anstatt des gesamten FC UNS Vorstands nur auf unseren Schriftführer Christian Grabner. Wir nehmen einen Aperitif an der Bar – „Washington SKY-Fall" – zu EUR 17,50 - noch einen Zweiten, einfach deswegen um irrsinnig lustige Scherze in Anlehnung an die Twin Towers machen zu können.
Als Vorspeise habe ich einen einfachen Blattsalat zu EUR 8,30 und Fuzi nimmt die geeisten Ostsee Schnecken zu EUR 15,80. Während meiner Frittatensuppe (EUR 9,70) und Fuzis asiatischer Seetang Bouillon mit Ei (EUR 13,40), sprechen wir über die leicht angeschlagene finanzielle Situation unseres Vereins. Ich winke ab, sag das wird schon wieder und bestelle die dritte Flasche Bordeaux, Grande Reserve Chateau La Tour-Carnet, zu 57 EUR.
Plötzlich mitten im Hauptgang (Ich: Roast Beef mit Folienkartoffel und Fisolen im Speckmantel – 38,90 EUR; FUZI: Sautierter südafrikanischer Lemur – 45,40 EUR) eröffnet mir Fuzi, dass ich morgen unsere Mannschaft gegen Albersdorf ins Spiel führen soll, da unser 1er Kapitän kurzfristig während eines vereinsgesponserten Wochenendaufenthaltes im „Freunde- und Familienhotel" Babylon in Wien erkrankt sei.
Taktikbesprechung:
Seit je her sind uns die Albersdorfer als sehr versierte, listige und ideenreiche Mannschaft in Erinnerung. Für mich als Interims-Kapitän stellte sich also die Frage und große Herausforderung wie man solch eine Mannschaft aushebeln kann. Zum Glück präsentierte mir Fuzi zu diesem Zeitpunkt bereits die perfekt ausgeklügelte FC UNS-Aufstellung auf seinem Concept Paper. – Riskant, Gefährlich aber durchdacht und Genial!
Ohne Worte...
Sonntag 13. Oktober – Spieltag.
Überpünktlich fand sich unsere Mannschaft in der Albersdorfer Metropolis Arena ein. Zu diesem Zeitpunkt konnte man bereits fühlen, dass es heute zu einem mächtigen Schlagabtausch zweier Top Vereine kommen würde. Unsere Mannschaft war bereit und geladen, was zu einem Teil auch daran lag, dass ich den Spielern Sex und Alkohol vor diesem Match verboten hatte. Es lag ein Knistern in der Luft, welches jeden Moment in ein Perpetuum mobile der Explosionen überzugehen drohte.
Endlich – der erlösende Pfiff des Schiedsrichters zum Spieleinlauf. – Eine kurze Begrüßung und los geht's.
Für den FC UNS:
Manager: Eisenberger Fridolin
Spieler: Dettenweitz Stefan; Nageler Markus, Ebner Erwin, Heim Christoph, Schemeth Harald, Reisner Markus (C), Bramreiter Dominik, Grabner Christian, Weber Stefan,
Kohlhhofer Jürgen, Krenn Stefan; Böhm Thomas, Markus (Gastspieler), Hofer Paul (Gastspieler).
Die Startelf des FC UNS formiert sich blitzschnell am Feld. – Hier sieht man Routine in Aktion. Keine langen Diskussionen, keine Zurufe, nein - das Spiel wird gelesen, man versteht sich blind, agiert anstatt zu reagieren. – Welch ein Anblick. -> BUMM! 1:0 für den Gastgeber Albersdorf. Was war passiert? – Man rätselt heute noch.
Egal es geht weiter. Der FC UNS steckt den kleinen Rückschlag weg und die Mannschaft beginnt wieder ins Spiel zu finden. Zugegeben vielleicht schwimmt die Verteidigung leicht, vielleicht fehlt im Mittelfeld eine klare Zuordnung und Aufgabenverteilung, dafür ist die 1Mann-Sturmspitze genau da wo sie sein soll – nämlich im Sturm. Die Albersdorfer attackieren sehr früh, lassen dem FC UNS kaum Zeit sein Spiel aufzubauen. Dieses ständige Pressing fordert die ersten Auswechslungen auf Seiten des FC UNS im noch jungen Match.
Der FC UNS blitzt hin und wieder mit ein paar schönen Aktionen auf. In dieser Spielphase
macht der junge Kohlhofer Jürgen auf sich aufmerksam, immer wieder vorm Tor, doch er kann nicht abschließen. Irgendwann passierts. – 2:0 für Albersdorf. SCHEI...!! Das sollte nicht passieren.
Kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit – wieder ist es Kohlhofer für den FC UNS, ein schöner Haken eine gelungene Finte, Kohlhofer zieht ab, und zirkelt einen Distanzschuß doch recht deutlich am Tor des noch unbefleckten Albersdorfer Ladenhüters vorbei.
Kohlhofer selbst zu seiner Leistung (O-Ton): „Des gibt's ja net – i hob 4 tausendprozentige ghabt ... scheiße!"
Und so geht's dann auch in die Kabine - 2:0 für den Gastgeber.
Die Stimmung in der Mannschaft ist schlecht. Nach dem Sensationssieg gegen Nestelbach hatte man sich mehr erwartet. Unser Manager Frido beißt in seinen Bierbecher und tritt gegen die Bande. Seine Sonnenbrille nimmt er nicht ab. Zu groß die Wut, zu groß die Schmach, zu nah den Tränen um das Gesicht zu zeigen.
Auf dem Rückweg in die Kabine trotte ich neben einem entnervten Niagl her, der gerade versucht Christoph noch mal einzubläuen nicht unser Abseits aufzuheben. „Wenn wir aussi schreien und alle vorlaufen, muast du mit vieri gehen. – Des bringt sonst nix. – I schau a gern den Stürmern zu, was sie da vorn gerade machen, aber dabei beweg i mi nach vorn."
Jetzt war ich als Kapitän gefragt. – Ich musste die Mannschaft zusammenhalten, ihr wieder Mut machen und ihren Kampfgeist wecken.
Oder... ich machs wie Marcel Koller gegen Schweden, sag zur Halbzeit einfach gar nichts und schick die Mannschaft völlig eingeschläfert zurück in die 2te Halbzeit. – Ich entscheide mich für Letzteres. Prompt nach dem Anpfiff der 2ten Halbzeit kassieren wir das 3:0. – DANKE Marcel!
Jetzt ist eigentlich schon alles im Arsch. Drei Tore Rückstand, eigentlich könnten wir gleich einpacken und ab nach Hause. Ich sitz auf der Bank neben zwei anderen bleichen, körperlich verausgabten UNSlern und sinnier bereits darüber, was wir das nächste Mal besser machen müssen, da ist es Weber Stefan, der den FC UNS in der 52 Minute mit einem Tor zurück ins Spiel bringt.
Wir sind wieder da. Bekommen mehr Spielanteil. Niagl rochiert, bringt sich immer wieder vorne ein. Der eingekaufte Markus aus Passail zeigt sich in Superform und Stefan Krenn zeigt uns wieder mal allen was so ein Strafraumstürmer alles draufhaben muss. Wir machen Druck und Albersdorf scheint damit nicht klar zu kommen. - KAPOW!!! 65 min. Hofer Paul mit einem brachial Schuß aus spitzem Winkel -> 3:2. Wir sind wieder dran.
Das hat die Albersdorfer aufgeweckt. Sie legen zu. Irgendwann mitten im Schlagabtausch kommt es zu einer unschönen Szene. Erwin E. im Zweikampf mit einem Albersdorfer Stürmer muss die Notbremse ziehen. Rechtzeitig? Zu spät? Der Stürmer fällt mit einem gewaltigen Rums und bleibt in unserem Strafraum liegen. Verdammt – ich stand daneben, habs gesehen, er war über einen Meter hinter der Sechzehner-Linie. Ich dreh mich weg und erwarte das eindeutige Urteil des Schiedsrichters auf Elfmeter. Aber noch ist es nicht so weit. Fuzi der irgendwo aus dem Mittelfeld herangelaufen kommt, hat die Szene aus der Ferne offenbar viel genauer als ich beobachten können, schreit laut „außerhalb" und deutet sogar auf ein ausgehobenes Rasenstück außerhalb des Sechzehners an der das Attentat des Erwin E. offensichtlich punktgenau stattgefunden hat. Der Gegner verweist auf ein zweites zerstörtes Stück Rasen innerhalb der 16er Linie. Zum Glück hat Niagl genau beobachtet das dieses zweite Loch im Rasen dabei entstand, als der Stürmer nach dem Foul-Begehen mit Kawumms am Rasen aufkam. Während er und Fuzi das dem Unparteiischen vermitteln, tritt Niagl das entstandene Loch auch wieder schön zu, sodass die Rasennarbe auch kaum mehr zu erkennen ist. Soviel Logik und Bemühen überzeugen den Referee schlussendlich und offensichtlich auch die Albersdorfer die nicht weiter reklamieren. – Freistoß.
5 Mann in die Mauer! RECHTS!!! RECHTS!!! ....RECHTS!!!! ruft der Detti immer wieder, der seine Mauer einrichten will – nur die bewegt sich nicht, weil der, der ganz rechts steht nichts hört. Od. nicht hören will – das weiß man bei Erwin E. nie so genau. – Eine gelungene Aktion des FC UNS... Gefahr gebannt, der Schuß der Albersdorfer geht daneben.
Es passiert doch. Völlig unverhofft gelingt den Albersdorfern aus dem Spiel heraus das 4:2. Wir habens verkackt. Jetzt ist auch noch der Detti angepisst, der sich erst nach langem Zureden bereit erklärt seine Handsch, die er zuvor hinters Tor gewixt hat, doch wieder anzuziehen und das Spiel weiterzuführen.
Mir reichts. Völlig frustriert setz ich mich auf die scheiß Bank neben unseren völlig frustrierten scheiß Manager.
Und wenn alles schon mal so am Arsch ist, ist meistens nur auf Altbewährtes verlass. 83min. Stefan Krenn nach einem Traum Stangenpass von Markus Nageler. Das ist das 4:3! Da schaun sie – die Albersdorfer...
Und dann die Schaumkrone für unsere Aufholjagd. Freistoß aus Schussdistanz. Niagl wird ausführen. Die Albersdorfer Mauer steht. Niagl zieht durch und „flakt" einen Albersdorfer aber so richtig an. „Du Oasch!!!" hört man ihn schreien. Der Ball prallt zurück zu Niagl. Niagl zweiter Versuch – Schuß! Wieder auf den bereits angeschlagenen Albersdorfer – abermals: „Du Oasch!!!". Der Ball bleibt im Tumult hängen. Irgendwie erkämpft sich Stefan Weber den Ball und spitzelt ihn zum 4:4 (87min) Ausgleich über die Torlinie!
90 min. Abpfiff. – Was für eine Dramatik, was für eine Aufholjagd, was für ein Spiel. Bevor wir erhobenen Hauptes die Albersdorfer Metropolis Arena verlassen, genießen wir noch einige Biere und die vorzügliche Küche des Albersdorfer Sportbuffets.
Ich bedanke mich bei der Mannschaft für diese sensationelle Leistung und gehe in meinem Amt als Kapitän ungeschlagen in die Winterpause.